Mercedes geht haushoch überlegen in das erste Rennen des Jahres. Ausgerechnet auf einer der Angststrecken des Teams haben Valtteri Bottas und Lewis Hamilton die Konkurrenz um eine halbe Sekunde abgehängt.
Es hatte sich schon am Freitag angedeutet. Die erste Qualifikation des Jahres bestätigte die schlimmsten Befürchtungen. Mercedes fährt im siebten Jahr der Hybrid-Ära in einer eigenen Liga. So dramatisch war der Vorsprung der Silberpfeile nur 2014 und 2016. Der beste Verfolger hatte mehr als eine halbe Sekunde Rückstand. Und das auf einer Strecke, auf der im Q1 zwischen Platz 1 und Rang 20 nur 1,7 Sekunden lagen.
Valtteri Bottas gewann das erste Qualifikationsduell um die Winzigkeit von zwölf Tausendstelsekunden. Lewis Hamilton gratulierte fair. Er wollte auch nichts davon wissen, dass ihn der Ausritt des Teamkollegen im letzten Versuch abgelenkt haben könnte. "Valtteri hat einen großartigen Job gemacht. Meine Runden waren heute nicht perfekt."
Dabei kam zu Beginn des zweiten Trainingstages kurz Hoffnung auf. Im dritten Training schrumpfte der Abstand zwischen Mercedes und Red Bull auf "nur noch" 0,283 Sekunden. Und im Q1 rangierten die zwei Mercedes sogar nur auf den Plätzen zwei und drei hinter Max Verstappen.
Doch dann fiel der Hammer. Im zweiten Abschnitt der Qualifikation eilten die neuerdings schwarz lackierten Autos der Konkurrenz um sieben Zehntel davon. Am Ende betrug der Vorsprung auf Verstappen 0,538 Sekunden, der auf Ferrari-Fahrer Charles Leclerc 0,984 Sekunden. Max Verstappen glaubt zwar, dass er ohne Balanceprobleme schneller hätte fahren können, "aber an die Mercedes-Zeiten wäre ich nie herangekommen."
Mercedes redet Gegner stark
Es wäre vermutlich auch bei Mercedes noch schneller gegangen. Bottas rodelte im letzten Versuch in Kurve 5 durch das Kiesbett, und Hamilton musste durch die vom Stallrivalen gelegte Staubwolke. "Ich wusste erst gar nicht, dass es Valtteri war, weil ich voll damit beschäftigt war zu schauen, ob auf der Strecke Kieselsteine liegen."
Beide Mercedes-Piloten zeigten sich überrascht über das eindeutige Kräfteverhältnis. "Ich hätte nie erwartet, dass wir so weit vor den anderen liegen", wunderte sich Hamilton. Bottas lobte sein Team: "Das zeigt, welche Qualität in unserer Truppe steckt. Genug ist nie genug."
Dass er sich auf seine Mannschaft in jeder Beziehung verlassen kann, zeigte sich in der Stunde vor der Qualifikation. Chefingenieur Andrew Shovlin verriet: "Wir mussten einen Kabelbaum am Getriebe von Valtteris Auto austauschen. Es ist immer etwas beunruhigend, wenn das Auto kurz vor dem Qualifying in seine Einzelteile zerlegt wird. Aber die Mechaniker haben fantastische Arbeit abgeliefert und wir waren zum Beginn der Qualifikation startbereit."
Trotzdem warnte der Trainingsschnellste: "Red Bull ist im Rennen immer schneller als auf eine Runde. Und Max startet auf anderen Reifen." Redet Bottas da nicht den Gegner stark? "Es entspricht nicht unserer Mentalität, etwas auf die leichte Schulter zu nehmen."
Und warum verzichtet Mercedes dann auf den Verstappen-Trick mit einem Start auf Medium-Reifen? "Wir haben es diskutiert, aber unsere Strategen sind der Meinung, dass unser schnellstes Rennen mit Soft-Reifen beginnt." Teamchef Toto Wolff fügte hinzu: "Aus Sicht von Red Bull ist es die richtige Taktik. Wenn du hinten liegst, musst du etwas anderes als dein Gegner machen."
Noch keine Vertragsgespräche mit Hamilton
Mercedes hat sich auf einer Strecke, auf der man im Vorjahr eine bittere Niederlage eingefangen hatte, rehabilitiert. Bottas unterbot seine schnellste Runde von 2019 um 0,598 Sekunden. Das nennt man Fortschritt. Der Mercedes W11 zeigte schon in Barcelona seine Qualitäten. Das neue Aerodynamikpaket ist voll eingeschlagen.
Und DAS ist nun auch offiziell legal. Der Protest von Red Bull wurde abgeschmettert. "Das war Fairplay von Red Bull, dass sie den Protest schon am Freitag eingereicht haben und nicht erst am Sonntag. Da hätte die Formel 1 ein schlechtes Bild abgegeben. Ich bin dankbar, dass die FIA bei ihrem Urteil die Aspekte genannt hat, die auch in der Begleitung der Entwicklung mit uns zur Sprache kamen", lobte Wolff.
Der Teamchef stellte aber auch fest, dass die aktive Spurverstellung keine Weltmeisterschaft gewinnt: "DAS gibt uns nur eine weitere Dimension bei der Lenkung. Unter dem Strich sollte uns das System Vorteile bringen, es ist aber kein Matchwinner."
Die kolportierten Vertragsgespräche mit Hamilton wurden von Wolff dementiert: "Wir hatten kein einziges Gespräch über Geld. Lewis ist die angespannte Situation in der Auto-Industrie bewusst. Und wir wissen um seine Klasse."
Auch die Zukunft des Teamchefs selbst ist noch offen. Wolff traf sich in Spielberg mit Vorstandschef Ola Källenius in seinem privaten Motorhome, das diesmal das Hotelzimmer ersetzt. "Unser Vertrag läuft Ende 2020 aus. Wir sind in Verhandlungen. Es gibt die Absicht, gemeinsam weiterzuarbeiten. Ich vertraue Ola zu 100 Prozent. Wir sind nicht in Eile. Ich hoffe, dass wir in den nächsten Monaten ein gutes Ergebnis finden."
July 05, 2020 at 01:10AM
https://ift.tt/2C9Jp9z
Mercedes haushoch überlegen: Bottas-Pole nach Großreparatur - auto motor und sport
https://ift.tt/38imGnW
Mercedes
No comments:
Post a Comment