Trotz Coronakrise erwartet Daimler-Chef Ola Källenius im Jahr 2020 schwarze Zahlen.
Frankfurt Der Coronaschock trifft Daimler hart. Im zweiten Quartal verbuchte der Autobauer unterm Strich einen Verlust von 1,9 Milliarden Euro. Der Umsatz des Mercedes-Herstellers brach um 29 Prozent auf 30,2 Milliarden Euro ein.
Insbesondere das Geschäft mit dem Verkauf von Bussen und schweren Lastwagen lief schlecht. Der Absatz von Daimler Trucks hat sich von 135.000 auf 61.000 Einheiten mehr als halbiert. Nicht ganz so schlimm waren die Erschütterungen in der Auto- und Vansparte. Hier gingen die Verkäufe aber mit einem Minus von 30 Prozent ebenfalls deutlich zurück.
„Aufgrund der beispiellosen COVID-19-Pandemie mussten wir ein herausforderndes Quartal durchstehen“, erklärte Daimler-Chef Ola Källenius. Der 51-Jährige blickte aber zugleich positiv nach vorne. Denn die drastischen Sparmaßnahmen des Konzerns zeigen bereits Wirkung. Mit Produktionsunterbrechungen sowie Kurzarbeit stemmte sich Daimler der niedrigeren Nachfrage in den vergangenen Monaten entgegen. Zudem wurden die Investitionen gedrosselt, die Modellpalette gestrafft und der Abbau von 20.000 der weltweit 300.000 Stellen hat begonnen.
Die Folge: Die Nettoliquidität konnte mit 9,5 Milliarden Euro auf einem hohen Niveau stabilisiert werden. Der Free Cashflow im Industriegeschäft war positiv. Besser noch: Für das Gesamtjahr 2020 rechnet Daimler sowohl beim Cashflow als auch beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) „mit positiven Werten“. Bisher hatte Daimler immer nur davon gesprochen, dass das Konzern-Ebit unter dem Vorjahr liegen wird, aber nicht ob es positiv oder negativ sein wird. Nun ist klar: Daimler kalkuliert in diesem Jahr trotz aller Widrigkeiten mit einem Gewinn.
„Wir sehen jetzt erste Anzeichen einer Absatzerholung – insbesondere bei Mercedes-Benz Pkw, wo wir eine starke Nachfrage nach unseren Spitzenmodellen und unseren elektrifizierten Fahrzeugen verzeichnen“, erklärte Daimler-Chef Källenius. Vor allem China gibt dem Stuttgarter Dax-Konzern Anlass zur Hoffnung.
Im weltgrößten Automarkt verzeichnete Mercedes bereits im zweiten Quartal ein Zuwachs von fast 22 Prozent. Im Halbjahr setzte die Marke mit dem Stern 346.000 Pkw ab – ein kleines Plus von 0,4 Prozent. In anderen wichtigen Märkten wie Europa und den USA war der Absatz dagegen noch stark im Minus. Doch offenbar sieht Daimler auch hier Indikationen für eine Erholung.
Källenius schraubt an den Kosten
Schwieriger ist die Lage dagegen im Truck-Geschäft. Die Sparte fuhr im zweiten Quartal einen Betriebsverlust von 756 Millionen Euro ein. Der Absatz im ersten Halbjahr liegt um satte 38 Prozent unter dem Vorjahr. Doch auch hier gibt es Lichtblicke. „Erfreulicherweise entwickelt sich der Auftragseingang jetzt in fast allen Kernregionen positiv“, konstatiert Daimler. Tatsächlich verzeichnete Daimler Trucks in den ersten sechs Monaten Neubestellungen für rund 143.000 Einheiten. Das ist zwar auch ein deutlicher Rückgang von 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Allerdings entwickelte sich der Auftragseingang damit um zehn Prozentpunkte besser als der Absatz.
Dennoch liegt bei Daimler weiterhin vieles im Argen. Der Konzern kämpft seit Jahren mit strukturellen Schwächen, die in der Coronakrise besonders deutlich zum Vorschein kommen, etwa eine branchenweit unübliche hohe Fertigungstiefe. „Mit Blick auf die Zukunft sind wir fest entschlossen, die Kostenbasis unseres Unternehmens weiter zu verbessern“, sagte Konzernchef Källenius. Aktuell laufen Gespräche zwischen Daimler-Vorstand und dem Betriebsrat, um die konkrete Ausgestaltung des geplanten Personalabbaus.
Zugleich kürzt Daimler seine Produktionskapazitäten massiv. In den USA und in Mexiko wollen die Schwaben künftig nur noch renditeträchtige Geländewagen (SUV) bauen und keine Limousinen mehr. Die Folge: Die Fertigung der C-Klasse in Tuscaloosa im US-Bundesstaat Alabama wird eingestellt. Im mexikanischen Gemeinschaftswerk von Daimler mit Nissan in Aguascalientes wird zudem künftig nur noch der GLB vom Band rollen, die Produktion der A-Klasse Limousine wird abgezogen.
Das Kleinwagenwerk im französischen Hambach will Daimler verkaufen. Darüber hinaus erwägt der Konzern, sich noch von einer weiteren Auslandsfabrik zu trennen. Als möglicher Kandidat gilt das Montagewerk im brasilianischen Iracemápolis mit 600 Mitarbeitern. Konzernchef Källenius will Mercedes wieder verstärkt auf Luxusautos fokussieren. Sein Credo lautete: Marge vor Menge. Eine weitere Expansion in untere Segmente wie Kompakten, wie sie noch sein Vorgänger Dieter Zetsche vollzog, lehnt Källenius ab.
Mehr: Daimler will zwei Milliarden beim Personal sparen – Wie der Konzern wieder auf Kurs kommen soll
July 23, 2020 at 12:25PM
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Mercedes-Hersteller: „Anzeichen einer Absatzerholung“ – Daimler erwartet Gewinn in 2020 - Handelsblatt
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